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Kawasaki Z1000SX gegen Ducati Supersport S

Nicht jeder, der seine Siebensachen im Alltag oder auf der Tour dabeihaben will, hat Bock, eine Reiseenduro oder einen Gross-Tourer zu fahren. Gut, dass es da mit den Sporttourern Kawasaki Z1000SX und Ducati Supersport Alternativen gibt.

Unsere Alpen sind für eine Motorradtour einfach paradiesisch. Genau darum haben wir Susten & Co. wieder einmal als Testrevier gewählt. Unsere beiden Kandidatinnen: die nagelneue Ducati Supersport S (Basis-Modell ab 14’490 Franken; S-Version ab 16’090 Franken) und die zum zweiten Mal überarbeitete Kawasaki Z1000SX (ab 14’900 Franken; Version Tourer ab 16’000 Franken). Sporttourer also…Wie schneidet der Newcomer aus Italien gegen den bewährten, klassisch aufgebauten Sporttourer aus Fernost ab? Filigranes Design im Stil der reinrassigen Supersportler wie 959 oder 1299 Panigale kombiniert mit einem tourentauglicher zugeschnittenen Chassis, viel komfortablerer Ergonomie und Optionen wie Packtaschen oder Griffheizung: Unser Erstkontakt in und um Sevilla (Spanien) hatte uns überzeugt. Doch funktioniert dieses Konzept tatsächlich auch auf einer echten – in diesem Fall dreitägigen – Tour samt Gepäck?

Die Anfahrt ins KurvenparadiesIn Richtung Gotthard cruisend, nehmen wir nach der Axenstrasse von Flüelen bis Amsteg die Autobahn, wo sich schnell zeigt, ob der Windschutz taugt. Die Serienscheibe der Duc, die sich – wie jene der Kawa von Hand – in eine tiefe oder eine hohe Position bringen lässt, ist zwar eher schmal, doch durchaus effektiv. Duckt man sich noch etwas, geniesst man einen exzellenten Windschatten. Zudem ist diese Auslegung absolut rennstreckentauglich. Die Kawa-­Scheibe, die sich durch Steiler- bzw. Flacherstellen in drei Positionen justieren lässt, ist zwar grösser, doch treten bei ihr eher Verwirbelungen auf. Bei der Konstantfahrt mit 120 km/h manifestieren sich an der SX ausserdem hochfrequente Vibrationen – nicht extrem, aber wahrnehmbar.Auf der Duc neigt bei uns dafür die Gashand – besonders bei längerem Dahingleiten – zum Einschlafen. Wohl aufgrund der ebenso vorhandenen (tiefer frequenten) Vibrationen und der stärker nach vorn geneigten Haltung, welche zu mehr Last auf den Händen führt. Da drängt sich die Frage auf: Wieso verzichtet man auf einem fürs Touring ausgelegten Bike heutzutage noch auf einen Tempomaten, der das kurzfristige Loslassen erlauben würde? Dasselbe fragen wir uns übrigens bei der Kawa … In fahraktiverem Gelände erwacht die Hand dann wieder vollends. Und bevor nun ein falscher Eindruck entsteht: Auf der Supersport sitzt man zwar versammelt-kompakt, aber dennoch weit komfortabler als auf einem reinrassigen Racer. Zudem verwöhnt sie das Gesäss mit einem angenehmen Polster.Auf der SX geht es da härter zu und her, doch könnte man hier mit dem optionalen Gel-Sattel nachhelfen. Dafür geniesst man auf der insgesamt massiger bauenden SX sonst grosszügigere Platzverhältnisse und einen weiteren Kniewinkel.Wir greifen zum WerkzeugIn den Pässen angekommen, entpuppt sich die Supersport als idealer Pacemaker. Auch auf Strecken, deren Verlauf man nicht auswendig kennt, macht sie es einem sehr leicht, eine schöne Linie zu fahren. Was das Auge scannt, wird wie von alleine umgesetzt. Auf der SX braucht es da mehr Konzentration. In der zunächst gefahrenen Standard-Fahrwerkseinstellung hat sie in Kurven stets einen leichten Drang, sich aufzustellen, was unter dem Strich das Resultat von Kawasakis Bemühungen ist, die SX komfortabler und reisefreundlicher abzustimmen. Den Wunsch nach mehr Reisekomfort haben die Japaner im Rahmen von Kundenbefragungen eruiert.Wir greifen darum zu Schraubendreher und -schlüssel und stellen das Fahrwerk (immer ausgehend von der Werkseinstellung) straffer ein: Federvorspannung Gabel von 5 auf 8 Umdrehungen nach rechts, Gabel-Druckstufe (unten) von 1,75 U. auf 0,75 U. nach links, Gabel-Zugstufe (oben) von 2,75 U. auf 1,75 U. nach links, Federbein-Federvorspannung von 8 Klicks auf 25 (von total 40) nach rechts und Federbein-Dämpfung (Zug-/Druckstufe kombiniert) von 2,5 U. auf 1,5 U. nach links.AlpenglühenNun fühlt sich auf der SX alles deutlich straffer, sportlicher an, und sie marschiert viel williger auch durch enge Bögen. Der Reisekomfort blieb weitgehend erhalten – nur harte Schläge dringen jetzt satter durch. Etwas später erhöhen wir auch noch den Reifendruck leicht, was das Fahrverhalten nochmals verbessert. Dem zweirädrigen Alpenglühen steht so nichts mehr im Weg. Der japanische Reihenvierzylinder begeistert mit seinen ungeheueren Kraftreserven, seiner Geschmeidigkeit und Elastizität. Mal nicht runtergeschaltet? Kein Problem, einfach wieder sachte am Gas drehen. Feingefühl empfiehlt sich hier, denn beim Wechsel vom Schiebe- in den Lastbetrieb treten durchaus spürbare Reaktionen auf, die der sauberen Linie nicht zuträglich sind.Der aus der Hypermotard 939 bekannte V2 geht klar feiner ans Gas, doch ist er zimperlicher, wenn es um die richtige Gangwahl geht. Am wohlsten ist es ihm bei Drehzahlen über 4000/min, dahinzuckeln innerorts ist weniger sein Ding. Nachbrennen aus der Spitzkehre? Hier bittet der «Undici-Gradi» um den ersten Gang, wo die SX auch noch im zweiten mitmacht und Schub liefert. Mit dem auf der S-Version serienmässigen Blipper ist das Runterschalten bis in den Ersten jedoch keine Sache. Nur: Man muss bestimmte Impulse geben, sonst riskiert man, dass auch mal kein Gang eingelegt wird (nicht nur, wenn der Neutrale dazwischen liegt). Die SX macht einem das Zappen ebenso leicht, und die Gänge rasten präzise ein.So heizen wir hinauf und hinunter, und freuen uns ebenso, dass beide Töff mit guten Bremsen bestückt sind. Druckpunkt, Dosierung und Kraftaufwand geben hier wie da keinen Anlass zu Kritik. Top!Wir packen unsere Koffer…So kommen wir an zwei Abenden glücklich in unseren Hotels an – einmal in Iseltwald im Chalet du Lac, am zweiten Abend im speziell auf Töfffahrer ausgerichteten MoHo-Hotel Fünf Dörfer im tourentechnisch gut gelegenen Untervaz GR (siehe «News & Trends»). Unser Gepäck bringen wir stilvoll in unseren einfach (de-)montierbaren Koffern aufs Zimmer. Die Hartschalenexemplare der Kawa sind mit 28 l minim grösser als die per Reissverschluss variierbaren Semisoft-Taschen der Duc, die bis 25 l fassen.Danach gönnen wir uns jeweils ein erfrischendes Bier im Garten und lassen den herrlichen Töfftag Revue passieren. Apropos Durst: Unsere Bikes gönnen sich 5,3 Liter pro 100 Kilometer (Kawa) bzw. 4,9 Liter (Duc). Äusserst human, wie wir finden…

Fazit: Ja, die neue Ducati Supersport S funktioniert tadellos – sie besteht gegen die bewährte Kawasaki Z1000SX. Wobei die SS noch sportlicher ausgelegt ist als die SX. Wer fasziniert ist von den roten Top-Racern wie 1299 Panigale, aber keine Rennstreckenambitionen hat, sondern eher mal eine Wochenendtour machen will, greife jetzt zu. Wer aufrecht sitzen (aber kein Adventure-Bike haben) will und seidige Vierzylinder-Power schätzt, für den ist die SX die bessere Wahl.

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